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Erfolgsfaktor Marken-Authentizität

Heutzutage sind authentische Marken für Unternehmen von höchster Bedeutung. Doch wie lässt sich Authentizität definieren und optimieren? 

In Zeiten globaler Unsicherheit und gesellschaftlichen Umbruchs verlieren viele Konsumenten das Vertrauen in Unternehmen und andere Institutionen. Traditionelle Identitäten erodieren, auch die Markenbindung sinkt. In diesem Umfeld ist Marken-Authentizität entscheidend für den Erfolg bei den Kunden. Deloitte stellt ein neues Modell vor, das beim authentischen Marken-Management hilft.

Marken-Authentizität – ein Gut von unschätzbarem Wert. Denn immer mehr Kunden misstrauen leeren Versprechungen; sie legen Wert auf Aufrichtigkeit, Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Und diesen Anforderungen werden nur solche Marken gerecht, die einen hohen Grad an Authentizität aufweisen. Diese Einsicht ist weit verbreitet: 80 Prozent der global führenden Strategieberatungen nennen Marken-Authentizität als wesentlichen Erfolgsfaktor des Brand Managements. Doch woran es bislang noch mangelt, ist ein stringenter, belastbarer methodischer Rahmen als Ausgangsbasis. Hier schafft die neue Studie von Deloitte Abhilfe, indem sie ein praktisch anwendbares Modell der Marken-Authentizität vorstellt. Ein Ansatz, der sich insbesondere bei MiIlennials bewähren dürfte: Sie legen noch einmal gesteigerten Wert auf Authentizität – und machen heute schon 40 Prozent aller Verbraucher aus.

The strive for the authentic brand experience

Authentizität erhöht das Vertrauen

Heutzutage herrscht eine „Krise der Ähnlichkeit“: Immer mehr Produkte werden von Verbrauchern als austauschbar wahrgenommen („Brand Parity“-Phänomen). Tatsächlich gleichen sich unter dem großen internationalen Wettbewerbsdruck die funktionalen und nicht-funktionalen Eigenschaften von Produkten zunehmend an. Viele der üblichen Markenwelten kommen einer wachsenden Anzahl von Verbrauchern deshalb unecht vor. Dabei werden jährlich immer mehr neue Marken registriert, man kann von einer regelrechten Markeninflation sprechen. Diese Trends sind von kritischer Bedeutung, denn zugleich macht nach den Ergebnissen der Studie Marken-Authentizität 92 Prozent des Markenvertrauens aus. Wenn Markenvertrauen und Markenbindung allgemein sinken, ist Authentizität das einzige probate Gegenmittel. Sie verkörpert für die Verbraucher Echtheit, Wahrhaftigkeit und befriedigt tiefe menschliche Bedürfnisse. Authentische Marken sind gewissermaßen die äußere Verwirklichung dieser inneren Überzeugungen. 

Die Eigenschaften einer Marke

Um solche Eigenschaften einer Marke empirisch erfassen zu können, entwickeln die Autoren basierend auf soziologischen Ansätzen eine Skala der Marken-Authentizität, anhand derer einzelne Marken evaluiert werden können. Dabei rücken die Kategorien Integrität und Originalität in den Mittelpunkt. Als Marken-Authentizität wird dabei der Grad des intrinsischen Zusammenhangs von Marken-Identität und Marken-Verhalten verstanden. Gefragt ist eine Übereinstimmung von Marken-Rhetorik und realem „Handeln“ der Marke, d.h. des Unternehmens. Opportunistische Entscheidungen und kurzfristige Trends, die von dieser Identität wegführen oder sie verwässern, sollten dagegen vermieden werden. Authentische Marken entwickeln sich vielmehr im Einklang mit dem „inneren Kompass“ ihrer Identität. Konsistenz entlang sämtlicher Berührungspunkte der Verbraucher mit der Marke und ein aktiver Bezug auf die eigene Unternehmensgeschichte unterstützen dabei. Der Ansatz führt zu messbaren Resultaten: Ökonomische und verhaltensorientierte Kennzahlen verbessern sich mit erhöhter Marken-Authentizität deutlich. Das Marken-Image gewinnt, Markenvertrauen und Kaufabsicht werden signifikant gesteigert. 

Marken-Authentizität als Identitäts-basiertes soziales Konstrukt

Bei der neuen Methode zur Marken-Authentizität handelt es sich um eine Erweiterung der identitätsbasierten Markenführung, die sich mit dem Identitätskern einer Marke beschäftigt. Der Begriff der Identität stellt ein höchst aktuelles Fundament für die Definition der Authentizität dar, denn allgemein ist ein gesellschaftlicher Trend des Identitätsverlusts zu beobachten. Tradierte Orientierungspunkte wie Landesgrenzen, regionale Kultur oder Religion die im eigenen Individuationsprozess Halt bieten, verschwinden zunehmend. Authentizitätserfahrungen werden deshalb besonders geschätzt weil sie Orientierung bieten. Authentische Marken helfen Menschen dabei, ihre soziale Haltung und ihre Ambitionen zum Ausdruck zu bringen. Unternehmen vermitteln durch die Einhaltung von Markenversprechen ein Gefühl der Zuverlässigkeit, der Aufrichtigkeit und zeigen Verantwortungsbewusstsein: Das unterstützt den Prozess der Identitätsbildung, führt zu engeren Kundenbeziehungen und stärkt die Markenbindung.

Wie authentisch sind deutsche Marken?

Die Studie enthält auch eine konkrete Analyse der Situation in Deutschland. Unter den 25 Marken mit dem höchsten Werten auf der IBBA-Skala hierzulande sind folgende drei Branchen mit Abstand am häufigsten vertreten: Bekleidung (30 Prozent), Automotive (21 Prozent) und Kosmetik (21 Prozent). Ein regionaler Marktbezug stärkt dabei ganz klar die Wahrnehmung von Authentizität. Sechs der zehn Marken mit den höchsten Werten weisen eine deutsche Gründungsstory aus, die aktiv gepflegt wird. Ein gemeinsames kulturelles Verständnis der Marke festigt ihre Verankerung im allgemeinen Bewusstsein. Weiterer Faktor für den Authentizitätswert sind in Deutschland die Themen Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility (CSR). Ein Fünftel der Verbraucher nennt soziales und ökologisches Engagement als Grundlage für die Zuschreibung von Marken-Authentizität. Transparenz als eine Form der Authentizität wird schon von sich aus dem wachsenden Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit gerecht. Aber auch die anderen CSR-Werte werden heute offenbar zunehmend mit der Wahrnehmung von Authentizität verbunden, inhaltlich verschmelzen die Bereiche immer mehr. Ein wichtiger Aspekt ist dabei auch die erhöhte Preistoleranz von 80 Prozent der Verbraucher bei nachhaltigeren Produkten.

Ein Werkzeug für die Praxis

Mit der IBBA-Skala der Marken-Authentizität haben die Studienautoren ein wertvolles Tool für das Marken-Management entwickelt, das Unternehmen bei der Analyse der eigenen Ausgangslage hilft. Das Modell ist empirisch robust und ausführlich überprüft: In Fragebögen werden 14 Indikatoren erfasst, die Methode wurde an 18 Marken in repräsentativen Studien validiert. Dabei wurde bestätigt, dass der ermittelte IBBA-Wert zuverlässige Hinweise auf Markenimage, Markenvertrauen und Kaufabsicht liefert. Das Authentizitäts-Modell kann auch zur Ableitung von konkreten Management-Kriterien verwendet werden. Dafür liefert die Studie ein Framework aus zwei Faktoren: 

  1. Integrität: Um Integrität zu erreichen, muss eine Marke ein intrinsisches Verhalten aufweisen, das zu den fundamentalen Markenwerten passt. Dazu gehören die Forderungen nach einer zeitlichen Kontinuität dieses Verhaltens sowie einer Kohärenz auch entlang aller Marken-Touchpoints. 

  2. Originalität: Eine authentische Marke sollte einen hohen Grad an Eigencharakter aufweisen, statt andere Vorbilder zu imitieren. Sie hat ihre Identität klar abgegrenzt und verhält sich entsprechend. Das führt zu einer Wahrnehmung von Echtheit der Markenpositionierung.

Die Ergebnisse der Bemühungen werden mit der IBBA-Skala bewertet. Entlang der Kategorien Integrität, Kohärenz, Kontinuität und Originalität können
Markenmanager so einen individuellen Authentizitäts-Index ableiten und ihre Entscheidungen darauf abstimmen. Alle weiteren Details zum Studiendesign und den Einzelergebnissen lesen Sie hier in der Studie zum Download.

Die Autoren:

 

DELOITTE

  • Dr. Malte Adomeit ist ein erfahrener Strategieberater bei Deloitte Digital und beschäftigt sich seit 12 Jahren mit den Bereichen Markenstrategie und digitale Transformationsgeschäfte für diverse Kunden. Mit seiner Expertise in Markenforschung und dem Fokus auf Markenstrategie, leitete er die Forschung zum Thema Markenauthentizität.
  • Daniel Könnecke ist der nationale Lead Partner für Deloittes Brand Experience Practice und außerdem Leiter von "The Garage". Mit über 20 Jahren Erfahrung in Marketing, Design und Innovationsmanagement berät er Unternehmen aus verschiedenen Branchen zu Innovation, Kommunikation und Branding.
  • Vincent Kyas leitet bei Deloitte den Kompetenzbereich Markenentwicklung in Berlin und hat über die Jahre an einer Vielzahl von Positionierungsprozessen für Dax-30 Unternehmen sowie für mittelständische und Start-up-Kunden gearbeitet. In enger Zusammenarbeit mit dem Deloitte Neuroscience Institut war er auch maßgeblich an der Entwicklung des Deloitte Neurobranding-Ansatzes beteiligt.
 

UNIVERSITÄT BREMEN

  • Prof. Dr. Christoph Burmann ist Professor und Direktor des markstones Institute of Marketing, Branding & Technology (Universität Bremen). Er studierte Betriebswirtschaftslehre, promovierte und arbeitete für Ogilvy & Mather in Südafrika. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen identitätsbasierte Markenführung, strategisches Marketing, Konsumentenverhalten und Wissensmanagement.
  • Dr. Michael Schade ist Dozent am markstones Institute of Marketing, Branding & Technology (Universität Bremen). Er studierte Wirtschaftswissenschaften, promovierte und arbeitete als Senior Consultant bei Keylens Unternehmensberatung. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Sportmarketing, Stadtmarketing und Markenkommunikation.